NO.18 __IL MAESTRO DI SCUOLA

Kammerorchester Basel
Giovanni Antonini,
Dirigent
Elke Heidenreich, Autorin
David Seymour, CHIM, Fotografie
 

Sinfonien Nr. 29, 55 «Der Schulmeister» und Nr. 56
Franciszek (Franz) Lessel: aus Sinfonie Nr. 5 g-Moll: Finale. Molto Presto

 

Konzerte: 18. Mai 2023 (Wien Musikverein), 19. Mai 2023 (Basel Don Bosco)

Joseph Haydn hatte von seiner späten in Wien verbrachten Jugend bis zu den sich wiederum dort abspielenden letzten Jahren seines so langen, an künstlerischen Höhepunkten reichen Lebens Unterricht gegeben – im Klavierspiel und Gesang, in Theorie und Komposition. Wichtig waren ihm dabei vor allem seine Privatschüler, von denen er gegenüber seinen späteren Biographen drei an der Zahl als seine besonderen Favoriten anführte: Ignaz Pleyel, Sigismund Neukomm sowie der aus Polen stammende Franz (Franciszek) Lessel, der sich 1797 mit Unterstützung des Fürsten Czartoryski nach Wien begab – zunächst um dort Medizin zu studieren, letztlich aber um sich in der Komposition aus- bzw. fortzubilden und darin seinem in Böhmen gebürtigen Vater nachzustreben. Von Haydn, bei dem er ab 1800 Unterricht nahm, bekam er später aus persönlicher Zuneigung das Autograph der Sinfonie Nr. 56 von 1774 geschenkt, ein Schwesternwerk der im gleichen Jahr entstanden Nr. 55, deren Beiname «Der Schulmeister» meist mit dem gemessenen Gang des Themas seines zweiten Satzes, «Adagio, ma semplicemente» erklärt wird. In «Il Maestro di scuola» finden die beiden Ergänzung durch Sinfonie Nr. 29 von 1765, deren Presto-Finale ganz danach klingt, als wäre einem strengen Lehrer gerade ein Haufen seiner ungezogensten Schüler entkommen.

Programm

Joseph Haydn (1732–1809): Sinfonie Nr. 55 Es-Dur «Der Schulmeister» Hob. I:55 (1774)
Allegro di molto / Adagio, ma semplicemente / Menuetto – Trio / Finale. Presto

55

SINFONIE NR. 55 ES-DUR «DER SCHULMEISTER» (1774)

Besetzung: 2 Ob, Fg, 2 Hr, Str
Entstehungsjahr: [1. Hälfte?] 1774

Allegro di molto / Adagio, ma semplicemente / Menuetto – Trio / Finale. Presto

von Christian Moritz-Bauer

Unter den vier Sinfonien, die in den erhalten gebliebenen autographen Partituren Joseph Haydns das Kompositionsjahr 1774 nennen – Nr. 54 in G-Dur, Nr. 55 in Es-Dur, Nr. 56 in C-Dur und Nr. 57 in D-Dur – sticht die hier Zweitgereihte schon allein dadurch hervor, dass sie mit einem (möglicherweise durch Verwechslung zustande gekommen Beinamen) ausgestattet ist. Dieser, nämlich «Der Schulmeister», taucht zum ersten Mal im zweiten Band von Ernst Ludwig Gerbers «Neue[m] historisch-biographische[n] Lexikon der Tonkünstler» (Leipzig, 1812) auf, worin der Bezug zur Es-Dur-Sinfonie durch die Beschreibung «Das Violoncell macht zum Menuet-Trio einen obligaten Baß»1 eindeutig hergestellt erscheint. Tatsächlich geht «Der Schulmeister» als Beiname bereits auf den 1765 begonnen Entwurf-Katalog zurück, wo er sich – laut eines Vermerks von Haydns persönlichem Notenkopisten Joseph Elßler auf ein – später verschollenes – sechsstimmiges Divertimento in G-Dur («Der Schulmeister genant») bezieht, das dann in dem 1805 von Elßlers Sohn Johann angelegten «Haydn-Verzeichnis» als «Der verliebte Schulmeister» wieder auftauchen wird. Ab dem 1840 von Aloys Fuchs zusammengestellten «Thematischen Verzeichniß der sämmtlichen Kompositionen von Joseph Haydn» scheint die Verbindung aus Sinfonie und Beiname dann endgültig konsolidiert, was u. a. dadurch zustande gekommen sein dürfte, dass die originale Partiturhandschrift von Hob. I:55 mittlerweile zum Bestandteil der (heute in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrten) Fuchs’schen Autographensammlung geworden war. Die inhaltliche Erklärung für selbigen Umstand erfolgte schließlich durch Carl Ferdinand Pohl, der in dem erstmals 1882 erschienenen zweiten Band seiner Haydn-Biographie von der Wahrscheinlichkeit schreibt, dass das variierte Thema aus dem mit «Adagio ma semplicemente» überschriebenen langsamen Satz, bzw. «dessen abgemessener Gang» die (vermeintliche) Namensgebung «veranlaßt haben [wird].»2

Der Weg, auf dem die 55. der 107 Sinfonien Joseph Haydns dereinst zu ihrem Beinamen kam, mag zugebenerweise ein wenig verworren klingen. Einem ihr vonseiten der Forschung entgegengebrachten Kommentar, nämlich, dass sie zu den besten Beispielen für «die ‚Hinwendung‘ Haydns zu jenem leichteremStil» gehöre, der für ihn «im Lauf der späten 1770er-Jahre so sehr an Bedeutung gewann»3, darf allerdings bedenkenlos zugestimmt werden. Solcherlei kam – so etwa Ludwig Finscher – nicht zuletzt dadurch zustande, dass das Prinzip der Verarbeitung eines satzübergreifenden Themas in mehreren darauf folgenden, in Besetzung, Charakter und Dynamik voneinander abweichenden Variationen gleich an mehreren Stellen der Partitur von Hob. I:55 durchgespielt wird, nämlich sowohl im Adagio, «mit dessen ostentativ simplen Thema […] von Anfang an höchst subtile Späße getrieben [werden]»4, als auch im Variationen-Rondo des Finalsatzes. «Vorher», fügt James Webster dem hinzu, «traten solche Sätze nur selten in einer Sinfonie auf, nun aber verwendet sie Haydn als normale Bauelemente.»5

Den beiden Variationensätzen, die – ob der Eingängigkeit ihrer Themen – sehr zur Popularität wie zur Verbildlichung (beispielsweise auch der späteren Sinfonie Nr. 63 in C-Dur «La Roxolana») beitragen sollten, steht in der Es-Dur-Sinfonie Nr. 55 ein mit vier Tutti-Akkorden im Forte eingeleitetes Allegro molto gegenüber. Dessen markantes Hauptthema wiederum lebt von allerlei farblichen wie dynamischen Binnenkontrasten und hat überdies eine von «Haydns besten [und zugleich längsten] Scheinreprisen»6 vorzuweisen. Das ihm vorausgehende Menuett zeigt sich hingegen von lombardischen Rhythmen, einer neuartigen Rückführung sowie einem Trio geprägt, das hier tatsächlich aus nur drei Stimmen, dem der beiden Violinen und einem in Achteln dahin schreitenden Walkingbass der Violoncelli und Kontrabässe, besteht.

Siehe Fussnote 2.
James Webster, «Joseph Haydn: 1773–1774», S. 48.
Ernst Ludwig Gerber: Neues historisch-biografisches Lexikon der Tonkünstler. Zweiter Theil. E – I. A. Kühnel, Leipzig 1812, Sp. 573.
Carl Ferdinand Pohl: Joseph Haydn. Zweiter Band. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1882, S. 262.
Zit. nach James Webster, «Joseph Haydn: 1773–1774», in: Haydn Symphonies Vol. 8 (1773–1774). The Decca Record Company Limited, London 1998, Beiheft, S. 47.
Ludwig Finscher: Joseph Haydn und seine Zeit. Laaber-Verlag, Laaber 2000, S. 286.

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Joseph Haydn (1732–1809): Sinfonie Nr. 29 E-Dur Hob. I:29 (1765)
Allegro di molto / Andante / Menuet. Allegretto – Trio / Finale. Presto

29

SINFONIE NR. 29 E-DUR HOB. I:29 (1765)

Besetzung: 2 Ob, 2 Hr, Str
Entstehungsjahr: 1765

Allegro di molto / Andante / Menuet. Allegretto – Trio / Finale. Presto

 

von Christian Moritz-Bauer

Die Sinfonie Nr. 29 entstand im Jahr 1765, also zu jener Zeit, in der Joseph Haydn hinsichtlich seiner Aufgaben bereits als esterházyscher Kapellmeister fungierte, den Posten aber erst im folgenden Kalenderjahr – nachdem sein Vorgesetzter Gregor Joseph Werner das Zeitliche gesegnet hatte – auch offiziell besetzen durfte. Das viersätzige Werk steht in E-Dur, das sich in Haydns Sinfonien als Grundtonart nur noch ein weiteres Mal findet, nämlich in der um zwei Jahre früheren Nr. 12. Die beiden Sinfonien weisen Ähnlichkeiten auf, die es nahelegen, dass Haydn mit E-Dur einen bestimmten tonartlichen Charakter anstrebte: vor allem im eher undramatischen «singenden Allegro» zu Beginn, aber auch im vergleichsweise gewichtigen Finale.

Im ersten Satz, Allegro di molto, treten also besonders erlesene, kantable Qualitäten zutage, und zwar bereits während der ersten leise angestimmten Takte, deren Melodie in dialogisierender Weise zwischen den Violinen und Oboen ausgehandelt wird. Die Reprise dieses Gebildes in Sonatenform ist – dem Eindruck des französischen Musikologen Marc Vignal zufolge – «eine der unregelmäßigsten des jungen Haydn. Nach zehn Takten wird mitten in einer Phrase die Eingangsmelodie einer kurzen neuen Entwicklung unterzogen, die ohne Übergang zu einer Art ‚Hilfsthema‘ überleitet. Dem ‚Schlussthema‘ in Triolenform wird darauf ein wichtiger Platz eingeräumt», der den besagten abschliessenden Formabschnitt zum «gefühlsmässigen Höhepunkt des Satzes» macht1.

Der zweiteSatz, ein Andante in A-Dur, das nur von den Streichern gespielt wird, ist dreiteilig gebaut und mit zwei Themen ausgestattet. Das erste, eine graziöse Melodie über schreitenden Achteln der Unterstimmen, fällt dadurch auf, dass seine Phrasen im relativ schnellen Wechsel auf die ersten und zweiten Violinen verteilt wird. Trotz dieses überaus reizvollen Effekts zeigte sich Johann Adam Hiller, als er die Sinfonie nach ihrer Drucklegung im Pariser Verlagshaus des Antoine Bailleux2 in seinen „Musikalischen Nachrichten und Anmerkungen auf das Jahr 1770» rezensierte. So schrieb von einer «lächerlichen Art», in der der «Componist die Melodie […] unter die erste und andere Violin getheilt»3 habe. Tatsächlich wirkt das, was Haydn im Andante der E-Dur-Sinfonie an musikalischem Material zum Einsatz bringt, und auf welche Weise genau dies geschieht, durchaus nicht wenig «lächerlich» – und zwar im (zeitgemässen) Sinne von «zum Lachen reizend»– denn der Melodie ist jedes Mal ein vom Thema abgeleitetes, recht rüde im Forte daher rumpelndes Ritornell der Unterstimmen angefügt. Das kontrastierende zweite Thema ergeht sich darauf – nicht unbedingt «viel gescheiter» – in schier endlosen Synkopenketten über weiterhin schreitenden Bässen. In der Coda des Satzes singen schliesslich beide Violinstimmen noch einmal einträchtig das Hauptthema, bevor ganz zum Abschluss im Unisono des gesamten Streicherapparats das besagte rüde Ritornell noch einmal im Forte erklingt, als ob der Komponist damit nochmals die humoristische Seite dieses durchwegs ungewöhnlichen Satzes betonen wollte.

Das Menuett vereint, wie das eröffnende Allegro molto, Eleganz und Kraft, während sein Trio – für Hörner und Streicher allein gesetzt – jeglicher Melodie entbehrt: Die Hörner beschränken sich auf lang gehaltene Noten, während die Streicher den Rhythmus skandieren: der Bass auf dem ersten, die Violinen und Violen hingegen auf dem zweiten und dritten Taktteil.4 Was für ein Gegensatz zum Finale, einem Presto im Alla breve-Takt, das explosiv, gespannt und beinahe durchgehend lautstark vorzutragen ist. Das in grossen Notenwerten gesetzte Hauptthema des Satzes wird zunächst im Unisono der Streicher vorgestellt, dessen Nachsatz aber bereits kontrapunktische Verarbeitung zeigt. Über weite Strecken ist der Satz von pulsierenden Viertelnoten durchzogen, was dem Ganzen eine enorme motorische Energie verleiht.

1 Zitate nach Marc Vignal, «Joseph Haydn: Sinfonien Nr. 21-24, 28-31 und 34», in: Haydn Symphonies Vol. 4 (1764–65). The Decca Record Company Limited, London 1990, Beiheft, S. 48.
Die Ausgabe, die u. a. auch die Sinfonien Nr. 3, 9, 17, 28 sowie eine Haydn zugeschriebene in Es-Dur enthält, wurde am 2. Oktober 1769 im «Avantcoureur» als «Six Symphonies a huit parties, composees par J. Hayden Maître de Chapelle a Vienne, & publiee par M. Bailleux, Œuvre VII» angezeigt.
Johann Adam Hiller: Musikalischen Nachrichten und Anmerkungen auf das Jahr 1770. Erster Theil […]. Verlag der Zeitungs-Expedition, Leipzig 1770, S. 37f. (Fünftes Stück. Leipzig den 29. Januar 1770: «Nachrichten»).
Mark Ferraguto bringt in «Haydn as ‘Minimalist’: Rethinking Exoticism in the Trios of the 1760s and 1770s», seinem Beitrag zu «Haydn 2009: A Bicentenary Conference. Budapest & Eszterháza, 27.-29. Mai 2009» (= Studia Musicologica 51/1–2, 2010, S. 61-77, hier S. 75) den Eindruck zur Sprache, dass «das Fehlen einer Melodie im engeren Sinne, das ostinatohafte Begleitmuster […], die ansteigende Linie in der Begleitung, die Verwendung des übermäßigen Sekundenintervalls sowie die Wendung zur Moll-Dominante an die karge und heitere Welt der Baryton-Trios» erinnern würden. (Gemeint ist jene Reihe von insgesamt 126 Werken, die Haydn zwischen 1762 und Mitte der 1770er-Jahre für Fürst Nikolaus I. Esterházy und dessen selbstgespieltes Lieblingsinstrument, das Baryton oder Viola di bordone, schrieb.)

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Franz (Franciszek) Lessel (um 1780–1838): aus Sinfonie Nr. 5 g-Moll (1805):
Finale. Molto Presto

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FRANCISZEK (FRANZ) LESSEL: aus SINFONIE NR. 5 G-MOLL (1805)

Finale. Molto Presto

 

von Christian Moritz-Bauer

Franciszek (Franz) Lessel, geboren um 1780, vermutlich in Warschau, gestorben am 26. Dezember 1838 in Piotrków Trybunalski, erhielt den ersten Musikunterricht bei seinem Vater Wincenty Ferdynand (Vincenz Ferdinand), einem aus Böhmen stammenden, zunächst in Dresden, später dann in Polen wirkenden Violinisten und Komponisten, der seinerseits in den Genuss einer Ausbildung bei Johann Georg Schürer, Johann Adam Hiller und Carl Ditters von Dittersdorf gekommen war.
Im Frühling 1799 hielt Lessel sich in Lemberg auf und nahm als Violinist sowie als Pianist an mehreren Konzerten teil. Ende 1799, wahrscheinlich dank der Protektion durch die Fürsten Czartoryski von Puławy, ging er nach Wien, wo er ab dem Jahr 1800 ergänzenden Unterricht bei Joseph Haydn erhielt und sich auch von Luigi Cherubini und Antonio Salieri beraten liess.1 In Wien hörte Lessel Konzerte (u. a. von Beethoven), trat als Pianist auf und komponierte.2 Im Laufe der Jahre 1803, 1804, 1806 und 1807 verbrachte er einige Monate auf dem von Elżbieta Izabela Lubomirska (geb. Prinzessin Czartoryska) bewohnten Landsitz der Fürsten Lubomirski auf Schloss Łańcut. Am 4. Januar 1809 konzertierte er in Krakau, am 3. Februar 1810 schliesslich in Warschau, wobei sein pianistisches Können namentlich von Joseph Elsner, dem späteren Lehrer Frédéric Chopins bewundert wurde.3 Über das Leben des Komponisten, nachdem er um 1810 auf Dauer nach Polen zurückgekehrt war, ist vergleichsweise wenig bekannt. Bis etwa 1820 hielt er sich vornehmlich in Warschau auf, wo er als einer der Direktoren der dortigen Gesellschaft der Musikliebhaber wirkte und am 14. Mai 1818 in der St. Johannes-Kathedrale die 22-jährige Franciszka Hiż heiratete, mit der er vier Kinder bekommen sollte. 1818 war er zudem Mitglied derGesellschaft der Musikfreunde in Krakau geworden. Nach 1820 arbeitete er hauptsächlich als Gutsverwalter und widmete sich der Tonkunst nur mehr vergleichsweise selten. Die von ihm gesammelte, zu Teilen vom Vater geerbte Bibliothek (die eine ansehnliche Sammlung an Musikalien umfasste) gibt Aufschluss über Lessels vielseitige intellektuelle Interessen.4 Er sprach Latein, Französisch, Italienisch und Deutsch, letztere Sprache benutzte er für die Korrespondenz mit seinem Vater.5

Die Werke, mit denen sich Lessel den Ruf eines der wichtigsten polnischen Komponisten vor Frédéric Chopin erarbeiten sollte, wechseln zwischen spätklassischen, brillanten und frühromantischen Stilebenen, wobei ein den Kompositionen Joseph Haydns nicht unähnlicher Hang zur Theatralität sowie immer wieder auch Anklänge an die Volksmusik der von diversen Teilungen zerrissenen Landstriche Polens zum Tragen kommen. Ein Wesenszug, der auch dem Finalsatz (Finale molto Presto) der um 1804/1805 in Wien (oder Łańcut) entstandenen 5. Sinfonie in g-Moll6 eigen ist, dem einzig erhalten gebliebenen Stück des ursprünglich nicht weniger als etwa ein halbes Dutzend an Werken umfassenden sinfonischen Œuvre Franciszek Lessels7.

 

1 Georg Griesinger zufolge pflegte Haydn – neben Sigismund Neukomm und Ignaz Pleyel – Lessel «als seine[n] besten und dankbarsten Schüler […] zu rühmen» (vgl. Georg August Griesinger: Biographische Notizen über Joseph Haydn. Leipzig 1810, S. 119), weshalb er ihm wohl am 24. Oktober 1805 das Autograph der C-Dur-Sinfonie Hob. I:56 zum Geschenk machte. Für den Unterricht bei Haydn legte Lessel ein Exerpt aus Johann Joseph Fux’ Kontrapunktlehrbuch «Gradus ad Parnassum» (1725) an, welches er sogar mit einem eigenen Vorwort versah: «Elementarbuch der verschiedenen Gattungen des Contrapuncts nebst einer gründlichen Anleitung zur Composition von Franz Lessel zusammen gezogen (verschollen, bis 1939 in PL-Wn). Ausserdem sind Kontrapunktübungen Lessels erhalten (heute in A-Wgm).
U. a. entstanden bzw. erschienen während dieser Zeit 3 Sonaten op. 2 (mit einer Widmung an Joseph Haydn) und 12 Ländler für Klavier, ein Streichquartett in A-Dur, ein Quartett G-Dur für Flöte, Violine, Viola und Violoncello op. 3, ein Grand Trio Es-dur für Klavier, Klarinette und Horn op. 4, ein Trio E-Dur für Klavier, Violine und Violoncello op. 5 sowie ein Adagio et Rondeau à la Polonaise Es-Dur für Klavier und Orchester op. 9, dem später mit dem in Warschau entstandenen Konzert für Klavier und Orchester in C-Dur op. 14, das heute bekannteste Werk des Komponisten folgen sollte. Hinzu kommen möglicherweise noch jene drei Bläserpartiten, die sich in CZ-Pnm und A-Wgm erhalten haben.
Vgl. Allgemeine musikalische Zeitung 1811, Nr. 27, Sp. 449-459 («Bemerkungen über Musik in Warschau»), hier besonders Sp. 456f.
Vgl. Ein Davidsbündler [Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio], «Franz Lessel’s Nachlaß», in: Neue Zeitschrift für Musik, 12. Band, Nr. 17 (25. Februar 1840), S. 67f.
Vgl. Hanna Rudnicka-Kruszewska: Wincenty Lessel. Szkic biograficzny na podstawie listów do syna [Vincenz Lessel: Eine biographische Skizze auf der Grundlage der Briefe an seinen Sohn], Kraków 1968.
In einem Brief von Wincenty Lessel an den Sohn, datierend auf den 22. September 1804, heisst es: «Deine Sinfonien haben wir wieder probirt u. abermals darauf beim Fürsten [Adam Kazimierz Czartoryski] gespielt, wovon aber die Fürstin [Izabela Dorota Fortunata Czartoryska geb. Gräfin von Flemming] nur eine, aus g-moll, gehört, aber ihren ganzen Beifall erhalten hat […]». Das heute in D-B aufbewahrte Autograph des Finalsatzes, mit «Finale / Pour la 5me Sinfonie / par / Fran: Lessel mpp“ überschrieben, trägt indes die Jahreszahl 1805.
Ergänzend zur g-Moll-Sinfonie von 1804/1805, die im Autograph des Finalsatzes als Lessel «Fünfte» ausgewiesen ist, finden im Nachlass des Komponisten (siehe Fussnote 3) noch drei weitere Sinfonien Erwähnung: je eine in h-Moll, Es-Dur und D-Dur. Keines dieser Werke scheint indes jemals im Druck erschienen oder gar mit einer Opuszahl versehen worden zu sein.

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Joseph Haydn (1732–1809): Sinfonie Nr. 56 C-Dur Hob. I:56 (1774)
Allegro di molto / Adagio / Menuet – Trio / Finale. Prestissimo

56

SINFONIE NR. 56 C-DUR HOB. I:56 (1774)

Besetzung: 2 Ob, Fg, 2 Hr, 2 Trp, Pk, Str
Entstehungsjahr: [2. Hälfte?] 1774

Allegro di molto / Adagio / Menuet – Trio / Finale. Prestissimo

 

von Christian Moritz-Bauer

Nach Sinfonie Nr. 55, die mit ihrem Beinamen «Der Schulmeister» Patin für den (italienisierten) Titel des 18. Projekts von Haydn2032 – Il Maestro e il scolaro – stand, haben wir es bei der Nr. 56 abermals mit einem Werk aus dem Jahr 1774 zu tun. Zugleich stellt sie einen weiteren Beitrag zur ‚Unterart‘ der C-Dur-Sinfonie dar, deren Bestimmung – nicht nur, aber v. a. auch im Repertoire der esterházyschen Hofkapelle – gewöhnlich besonders festlichen, repräsentativen Anlässen vorbehalten war und die von Joseph Haydn (je nach Verfügbarkeit) mit einem um Trompeten und Pauken erweiterten Bläserapparat besetzt wurde.1 Dem hieraus resultierenden, durch die einleitende Dreiklangsfanfare noch zusätzlich unterstützten pompösen Charakter des Kopfsatzes sind aber auch ernste, nachdenkliche Züge eigen, die geradezu neuartig wirken und das Werk über sämtliche seiner Vorgänger gleicher Tonart hinwegheben. Mit Recht erkennt etwa H. C. Robbins Landon in ihm die bisher höchste und inspirierteste Verkörperung des Haydnschen C-Dur-Typus und rühmt die wunderbare Verschmelzung verschiedenartiger Elemente innerhalb der festlich-glanzvollen Atmosphäre des Werks.2 Als Beispiel hierfür mag man sogleich das Hauptthema mit seinem Kontrast aus straff rhythmisierten Unisonopassagen und weicher, ausdrucksvoller Melodik anführen, der durch den Wechsel vom Forte zum Piano und wieder zurück zum Forte eine zusätzliche Verstärkung erfährt. Das Spiel mit klanglichen und dynamischen Mitteln, mit Spannung und Entspannung herrscht das gesamte Allegro di molto über vor. Besonders eindrucksvoll ist dabei der fast ausschliesslich in Moll gehaltene erste Abschnitt der Durchführung. Eine Vielzahl von instrumentatorischen Feinheiten verrät, wie subtil mittlerweile Haydns musikalische Sprache geworden ist. Ein Beispiel dazu ereignet sich zu Beginn der Reprise, wo er jene zart-verhaltene Phrase, die den Unisonotakten folgt, in eine sich durch sämtliche Streicherstimmen fortspinnende imitatorische Passage münden lässt und über zunächst die erste Oboe, darauf beide Oboen gemeinsam ein anmutiges SoIo erklingen lassen. Ein weiteres Beispiel gefällig? Mit einem geheimnisvollen Paukenwirbel im Pianissimo bereitet Haydn – noch in der Reprise befindlich – den Eintritt des thematischen Seitengedankens vor. Nach Ansicht von Landon handelt es sich dabei um den ersten Auftritt eines Paukenwirbels in einer Sinfonie der österreichischen Schule3, einen Moment, der das sich unweigerlich nähernde Ende dieses eindrucksvollen Satzes umso majestätischer erscheinen lässt.

Die besondere Rolle der Bläser tritt auch im darauffolgenden Adagio zutage. Nachdem die Violinen – wie üblich «con sordino» (mit Dämpfer) spielend – das feierliche, getragene Thema vorgestellt haben, wird es sogleich von den beiden Oboen übernommen. Hierauf tritt das bislang nur den Streicherbass verstärkende Fagott mit einem grossen Solo hervor, ein weiteres Novum im kompositorischen Schaffen Joseph Haydns, der in der Folge Töne und Harmonien erklingen lässt, die, ob ihrer dunkel gefärbten Eindringlichkeit, in romantisch anmutende Sphären vorzudringen scheinen. Festlich-pompöse Gestik und tänzerische Anmut wechseln sich im anschliessenden Menuett auf reizvolle Weise miteinander ab. Auch eine humorvolle Saite wird daselbst angeschlagen, wenn etwa Haydn den Beginn der Wiederholung des Satzbeginns durch die Einfügung eines Pausentaktes verzögert.

Im Menuett von Hob. I:55, das mit insgesamt 94 Takten zu den bisher längsten seiner Art gehört, ist auch der Grundstein für die (motivische) Substanz des darauf folgende Finale zu finden. Zu lokalisieren ist er in den Triolenketten, die im Vorfeld der besagten Generalpause mit einem Mal plötzlich hervorbrechen. Genau diese werden schließlich zum alles beherrschenden Element des darauffolgenden Prestissimo, ein Satz von mitreissendem Schwung, der nach scharfen dynamischen Kontrasten, technischer Brillanz und einer besonderen Spielfreude verlangt.

In Verbindung mit dem an Harmonien wie Bläserfarben überaus reich bedachten Adagio lässt sich aus der Lektüre des Finalsatzes leicht verstehen, warum die Sinfonie Nr. 56 – nachdem sie im Jahr 1777 sowohl in der Reihe des Pariser «Concert spirituel» als auch im «Concert des amateurs» erklungen war – binnen Jahresfrist von nicht weniger als drei verschiedenen dort ansässigen VerlegerInnen publiziert wurde. Werke wie eben dieses begründeten nicht zuletzt auch jene Popularität, die Haydn insbesondere bei seinem französischen Publikum genoss und ihm schliesslich jenen ehrenvollen Auftrag einbringen sollte, der die Entstehung der sogenannten «Pariser Sinfonien» zur Folge hatte. Erst unter den selbigen wird sich, zwölf Jahre später, wieder ein Werk finden, das den Komponisten innerhalb des Genres seiner C-Dur-Sinfonien auf einer noch höheren Stufe der künstlerischen Entwicklung zeigt: die Sinfonie Nr. 82, bekannt geworden unter dem Namen «L’Ours»(Der Bär).

Im Gegensatz zu ihrem späteren Schwesternwerk, dessen Autograph nach dem aus Paris erfolgten Auftrag in den Besitz von Claude-François-Marie Rigoley, Graf von Ogny und Gründer des Concert de la Loge Olympique, übergegangen war, verblieb die Partiturhandschrift der Sinfonie Nr. 56 über Jahrzehnte hinweg im Besitz des Komponisten. Schliesslich aber machte er sie – am 24. Oktober des Jahres 1805 – seinem aus Polen stammenden, hochgeschätzten Kompositionsschüler Franciszek (Franz) Lessel (um 1780–1838) zum Geschenk.

 

1 Sinfonie Nr. 56 stellt dabei das früheste im Autograph erhalteme Werk dar, bei der der Komponist zugleich nach Hörnern in «hoch C» und Trompeten (bzw. «Clarini») verlangt.
2 Vgl. Howard Chandler Robbins Landon: The Symphonies of Joseph Haydn. Universal Edition & Rocklife, London 1955, S. 340-41.
3 H. C. Robbins Landon, «Sinfonie Nr. 56 in C-Dur», in: Haydn Symphonies Vol. 10 [Nos.] 50, 54, 55, 56, 57, 64. L’Estro Armonico, Derek Solomons. CBS Masterworks 1986, Beiheft, S. 5.

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Besetzung

Kammerorchester Basel
Giovanni Antonini,
Dirigent

  • Besetzungsliste Kammerorchester Basel

    1. Violine Baptiste Lopez, Valentina Giusti, Anna Troxler, Mirjam Steymans-Brenner, Nina Candik
    2. Violine Stefano Barneschi, Antonio Vinuales, Barbara Bolliger, Fanny Tschanz, Tamás Vásárhelyi
    Viola Mariana Doughty, Bodo Friedrich, Anne-Françoise Guezingar
    Violoncello Christoph Dangel, Hristo Kouzmanov, Georg Dettweiler
    Kontrabass Stefan Preyer, Giancarlo De Frenza
    Flöte Marco Brolli
    Oboe Thomas Meraner, Maike Buhrow
    Fagott Carles Cristobal Ferran
    Horn Konstantin Timokhine, Mark Gebhart
    Trompete Simon Lilly, Christian Bruder
    Pauke Pablo Aparicio Escolano

Vergangene Konzerte

Wien
Donnerstag, 18.05.2023, 19.30 Uhr

Musikverein Wien, Brahms-Saal

Konzerteinführung: 18.30 Uhr, Steinerner Saal / Horst Haschek Auditorium

Basel
Freitag, 19. Mai 2023, 19.30 Uhr


Haydn-Lounge im Heinz Holliger Auditorium, Don Bosco Basel:

18.15 Uhr: Lesung mit Elke Heidenreich
18.50 Uhr: Pre-concert Talk mit Giovanni Antonini und Andrea Scartazzini (Moderation)

Einlass ab 18.00 Uhr (kein Einlass zwischen Lesung und Talk).
Die Platzzahl ist auf 50 Personen beschränkt. Zutritt nur mit Konzertticket möglich.
 

Konzert im Paul Sacher Saal, Don Bosco Basel:

19.30 Uhr: Konzert
Haydn-Suppe in der Konzertpause

Die Abendkasse ist ab 18.00 Uhr geöffnet.

 

Biografien

Kammerorchester Basel
Orchester

Kammerorchester Basel

Orchester

Das Kammerorchester Basel ist fest in Basel verankert – mit den beiden Abonnements-Reihen im Stadtcasino Basel sowie in dem eigenen Proben- und Aufführungsort Don Bosco Basel. Weltweit und mit mehr als 60 Konzerten pro Saison ist das Kammerorchester Basel auf Tourneen unterwegs, an internationalen Festivals und in den wichtigsten europäischen Konzertsälen stets gerngesehener Gast.

2019 als erstes Orchester mit einem Schweizer Musikpreis geehrt, zeichnen das Kammerorchester Basel Exzellenz und Vielseitigkeit sowie Tiefgang und Durchhaltevermögen aus. Es taucht mit seinen Interpretationen tief in die jeweiligen thematischen und kompositorischen Welten ein: in der Vergangenheit mit dem «Basler Beethoven» oder mit Heinz Holliger und unserem «Schubert-Zyklus». Oder wie mit dem Langzeitprojekt Haydn2032, der Einspielung und Aufführung aller Sinfonien von Joseph Haydn bis ins Jahr 2032 unter der Leitung von Principal Guest Conductor Giovanni Antonini und gemeinsam mit dem Ensemble Il Giardino Armonico. Ab der laufenden Saison hat sich das Kammerorchester Basel vorgenommen, sich unter der Leitung des Alte-Musik-Spezialisten Philippe Herreweghe allen Sinfonien von Felix Mendelssohn Bartholdy zu widmen.

Mit ausgewählten Solistinnen und Solisten wie Maria João Pires, Jan Lisiecki, Isabelle Faust oder Christian Gerhaher arbeitet das Kammerorchester Basel immer wieder gerne zusammen. Unter der künstlerischen Leitung der KonzertmeisterInnen sowie unter der Stabführung ausgewählter Dirigenten wie u.a. Heinz Holliger, René Jacobs oder Pierre Bleuse präsentiert das Kammerorchester Basel sein breites Repertoire.

Die Konzertprogramme sind so vielfältig wie die 47 Musikerinnen und Musiker und reichen von Alter Musik auf historischen Instrumenten über historisch informierte Interpretationen bis hin zu zeitgenössischer Musik.

Ein Herzstück der Arbeit bildet die zukunftsweisende Vermittlungsarbeit bei partizipativen Grossprojekten im kreativen Austausch mit Kindern und Jugendlichen.
Eine umfangreiche, vielfach preisgekrönte Diskografie dokumentiert das künstlerische Schaffen des Kammerorchester Basel.

Seit 2019 ist die Clariant Foundation Presenting Sponsor des Kammerorchester Basel.

kammerorchesterbasel.ch

Giovanni Antonini
Dirigent

Giovanni Antonini

Dirigent

Der gebürtige Mailänder Giovanni Antonini studierte an der Civica Scuola di Musica und am Zentrum für alte Musik in Genf. Er ist Mitbegründer des Barockensembles Il Giardino Armonico, dessen Leitung er seit 1989 innehat. Mit dem Ensemble trat er als Dirigent und als Solist für Block-und Traversflöte in Europa, den Vereinigten Staaten, Kanada, Südamerika, Australien, Japan und Malaysia auf. Er ist künstlerischer Leiter des Wratislavia Cantans Festival in Polen und Erster Gastdirigent des Mozarteum Orchesters und des Kammerorchesters Basel.
Antonini hat bereits mit vielen namhaften Künstlern zusammengearbeitet, darunter Cecilia Bartoli, Isabelle Faust, Viktoria Mullova, Giuliano Carmignola, Giovanni Sollima, Sol Gabetta, Sumi Jo, Emmanuel Pahud, Katia und Marielle Labèque sowie Kristian Bezuidenhout.
Dank seiner erfolgreichen Arbeit ist Antonini gefragter Gastdirigent bei vielen führenden Orchestern. So gastiert er etwa regelmässig bei den Berliner Philharmonikern, dem Concertgebouworkest Amsterdam, dem Tonhalle-Orchester Zürich, dem Mozarteumorchester Salzburg, dem Leipziger Gewandhausorchester, dem London Symphony Orchestra, dem Chicago Symphony Orchestra und dem Kammerorchester Basel.
Zu seinen Opernproduktionen gehören Händels «Giulio Cesare» und Bellinis «Norma» mit Cecilia Bartoli bei den Salzburger Festspielen. Im Jahr 2018 dirigierte er «Orlando» am Theater an der Wien und kehrte für Idomeneo an das Opernhaus Zürich zurück. In der Saison 21/22 wird er als Gastdirigent das Konzerthausorchester Berlin, Stavanger Symphony, Anima Eterna Bruges und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks dirigieren. Außerdem wird er Cavalieris Oper «Rappresentatione di Anima, et di Corpo» für das Theater an der Wien und eine Ballettproduktion von Haydns «Die Jahreszeiten» für das Wiener Staatsballett mit den Wiener Philharmonikern dirigieren. 

Mit Il Giardino Armonico hat Giovanni zahlreiche CDs mit Instrumentalwerken von Vivaldi, J.S. Bach (Brandenburgische Konzerte), Biber und Locke für Teldec aufgenommen. Mit Naïve nahm er Vivaldis Oper «Ottone in Villa» auf, und mit Il Giardino Armonico für Decca spielte er «Alleluia» mit Julia Lezhneva und «La morte della Ragione» ein, Sammlungen von Instrumentalmusik des 16. und 17. Jahrhunderts. Mit dem Kammerorchester Basel hat er die gesamten Beethoven-Sinfonien für Sony Classical aufgenommen und mit Emmanuel Pahud für Warner Classics eine CD mit Flötenkonzerten unter dem Titel «Revolution». Im Jahr 2013 dirigierte er eine Aufnahme von Bellinis «Norma» für Decca in Zusammenarbeit mit dem Orchestra La Scintilla.

Antonini ist künstlerischer Leiter des Projekts Haydn 2032, mit dem die Vision verwirklicht werden soll, bis zum 300. Jahrestag der Geburt des Komponisten sämtliche Sinfonien von Joseph Haydn aufzunehmen und mit Il Giardino Armonico und dem Kammerorchester Basel aufzuführen. Die ersten 12 Editionen sind beim Label Alpha Classics erschienen, jährlich sind zwei weitere Editionen geplant.

Video Livestream Konzert 19.5.2023

© David Seymour, CHIM / Magnum Photos

Biografie

David Seymour, CHIM
Fotograf

David Seymour, CHIM

Fotograf

David Seymour, CHIM, der legendär gewordene Fotojournalist und Mitbegründer von Magnum Photos, hat mit seinen Fotos einige der denkwürdigsten Bilder des 20. Jahrhunderts geschaffen. Geboren in Warschau, Polen, studierte er Grafik in Leipzig und wandte sich dann 1933 während der Fortsetzung seines Studiums an der Sorbonne in Paris der Fotografie zu. Er berichtete über viele wichtige politische Ereignisse für führende Zeitschriften wie Life, angefangen mit dem Spanischen Bürgerkrieg. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ging er nach New York. Während des Krieges diente er als Fotoaufklärer bei der U.S. Air Force in Europa. 1947 gründete CHIM zusammen mit seinen Freunden Robert Capa, Henri Cartier-Bresson, George Rodger und William Vandivert die internationale Fotojournalisten-Kooperative Magnum. Seine nach dem Krieg entstandene Fotoserie der körperlich und seelisch verstümmelten «Kinder Europas» erregte weltweit Aufmerksamkeit, wurde von der UNESCO in einem Buch veröffentlicht und war Teil der posthumen Ausstellung «CHIM's Children». Die einfühlsamen und mitfühlenden Porträts dieser kleinen Kriegsopfer veranlassten einen Freund zu der Bemerkung, dass für CHIM Kriege ein ungeheures Verbrechen an Kindern darstellen. CHIM sprach mehrere Sprachen fliessend und verspürte eine tiefe Verbundenheit mit vielen Ländern und Völkern - er war eine wahrhaft international denkende Persönlichkeit. Unter seinen zahlreichen fotografischen Essays befinden sich herausragende Porträts von Audrey Hepburn und Pablo Picasso. CHIM wurde 1956, vier Tage nach der Unterzeichnung des Waffenstillstands, in Suez von einem ägyptischen Maschinengewehrschützen getötet, während er für Newsweek fotografierte.

– Ben Shneiderman und Helen Sarid, Neffe und Nichte von David Seymour
www.davidseymour.com 

Er wurde immer berühmter, reiste viel in der Welt herum, blieb oft sehr lange weg, zum Beispiel in London, wo man ihn hoch schätzte und mehr feierte als in Wien  – was blieb ihr denn anderes übrig als mal ein Gläschen hier und da oder vielleicht eine kleine, nicht einmal belegte Liebschaft?

Ausschnitt aus «Frau Haydn» von Elke Heidenreich

 

Elke Heidenreich liest am 19. Mai 2023 in der Haydn-Lounge (Heinz Holliger Auditorium, Don Bosco Basel) des Konzerts «Maestro e scolare» ihren für das Projekt Haydn2032 geschriebenen Text «Frau Haydn». Der Text erscheint anschliessend in der Schallplatten-Edition Vol. 18.

Biografie

Elke Heidenreich
Autorin

Elke Heidenreich

Autorin

Elke Heidenreich studierte nach dem Abitur Germanistik und Theaterwissenschaft. Seit 1970 arbeitet sie frei für Funk und Fernsehen, schrieb Drehbücher, Hörspiele, Erzählungen und einige Sachbücher über Musik.

Sie lebt in Köln, wo sie u.a. zwölf Jahre für die Kinderoper arbeitete, indem sie Libretti fast vergessener Opern übersetzte und bearbeitete. Sie moderierte sechs Jahre lang die eigene Sendung «Lesen!» im ZDF und war danach Herausgeberin von 40 Musikbüchern bei Random House. Sie war Kolumnistin für die Programmhefte der Münchner Philharmoniker und arbeitet mit vielen Musikern und Orchestern auf und hinter der Bühne zusammen. Ausserdem ist sie Mitglied im Kritikerteam der Schweizer Fernsehsendung «Literaturclub».