NO.7 __GLI IMPRESARI

Kammerorchester Basel

Giovanni Antonini

Daniel Kehlmann, Autor

Peter van Agtmael, Fotografie

 

Joseph Haydn: Sinfonien Nr. 9, Nr. 65 und Nr. 67

Wolfgang Amadeus Mozart: Thamos. König in Egypten 

 

Von 1769 bis zum Tode Fürst Nikolaus I. Eszterházy wurden alljährlich sog. Wandertruppen, unter der Direktion eines (in einem Falle auch zweier) Prinzipale (ital. „Impresari“) stehende Schauspielgesellschaften für jeweils eine Theaterspielzeit auf dessen berühmte südöstlich des Neusiedler Sees gelegene Sommerresidenz Schloss Eszterháza verpflichtet, wobei die Verträge je nach Zufriedenheit des Fürsten um ein oder mehrere Jahre verlängert werden konnten. In den ersten Jahren dauerte eine solche Spielzeit in der Regel von Anfang Mai bis Mitte oder Ende Oktober. Ab 1776 – als zu den Sprechtheater-, Ballett- und Singspielaufführungen der Theatertruppen ein mit dem fürstlichen Sängerpersonal besetzter regelmäßiger Repertoirebetrieb mit Werken der italienischen Oper hinzu kam – wurde dieser Zeitraum auf Februar bis November ausgedehnt. (Hinzu trat freilich noch der 1773 eingerichtete Betrieb der fürstlichen Marionettenoper, der allerdings nur bis 1783 Bestand hatte.)

Neben div. Details zur Zusammensetzung der Theatertruppen, den Aufführungsmodalitäten („alltäglich zur Ihme [Sr. Hochfürstl. Durchl.] bestimten Stund eine Comedie nach Innhalt der dießfalls von ihme Hn Impressario eingegebenen Instanz aufzuführen, und die erforderliche Kleider wie auch Comedien selbst beyzuschaffen ...“), der Gage und Unterbringung der Schauspieler, wurde festgelegt, dass „[d]ie Musique zu denen Proben deren Comedien oder Pantomimen, dann die Beleuchtung, Decorationen, und kleine erfordernussen des Theaters […] auf Hochfürstl. Unkösten bestritten [werden solle]“. Dies hatte zur Folge, dass die musikalische Ausstattung der Komödien, welche in der Regel aus einer Ouvertüre, einer von den Akten der Stücke abhängigen Zahl an Zwischenspielen und einer Schlusssinfonie bestand, zur Angelegenheit der fürstlichen Hofkapelle und ihres Kapellmeisters Joseph Haydn wurde.

Wie aber haben wir uns den Komödienbetrieb, dessen architektonischen Rahmen das prächtige Opernhaus, gelegentlich aber auch das vis-vis im Bereich der Schlossbauten befindliche Marionettentheater bildete von seiner musikalisch umrahmenden Seite vorzustellen? Wie im Theaterwesen der Zeit weithin üblich, dürfte es sich auch bei der auf Eszterháza erklingenden „Musik zwischen den Akten“ meist nicht um eine zu den aufgeführten Dramen ursprünglich geschriebene, geschweige denn um eine von Haydn eigens hinzu komponierte gehandelt haben. Und doch scheint er als musikalischer Direktor, insbesondere zu bestimmten herausragenden Anlässen – etwa wenn ein hoher Besuch ins fürstliche Haus stand – von seinem Dienstherrn hin und wieder den Auftrag erhalten haben, der gesprochenen (mitunter auch getanzten) Bühnengeschehnisse eine originale bzw. „dramengebundene“ Musik beizusteuern.

Programm

Joseph Haydn (1732–1809): Sinfonie Nr. 9 in C-Dur, Hob. I:9 (1762)

Allegro molto / Andante / Menuetto. Allegretto – Trio

9

SINFONIE NR. 9 IN C-DUR HOB. I:9 (1762)

Besetzung: 2 Ob/2Fl, Fg, 2 Hr, Str
Entstehungsjahr: [Frühjahr?] 1762

Allegro molto / Andante / Menuetto. Allegretto – Trio

 

[Impresario: Girolamo Bon]

Mit dem ersten und zugleich ältesten der unter dem Motto „Gli Impresari“ vereinten theatralischen Sinfonien Joseph Haydns werfen wir einen Blick zurück – zurück auf jene Zeit, als Fürst Nikolaus gerade erst den älteren Bruder Paul Anton als Oberhaupt der Magnatenfamilie Esterházy de Galántha beerbt hatte. Am 12. Mai 1762, also gerade einmal fünf Tage vor dessen feierlicher Amtseinführung, hatte beim Greifenwirt zu Eisenstadt (ungar. „Kismarton“) eine Gruppe „Welscher Komödianten“ Quartier bezogen, wo sie bis zum Juni selbigen Jahres verbleiben und die im Haydn'schen „Entwurfkatalog“ gelisteten Commedie La marchesa Nespola, La vedova, Il dottore, Il sganarello zur Aufführung bringen sollte. Dieser Theatertruppe – so wird in der Haydn-Forschung vermutet – dürfte ein gewisser Girolamo Bon, pittore Architetto e Direttore dell'Opera vorgestanden sein. Eben jener, ein künstlerisches „Multitalent“ also, das es – aus Bologna stammend – in Sachen Theater u. a. bereits nach St. Petersburg, Berlin, Dresden, Potsdam, Antwerpen, Frankfurt und Regensburg verschlagen hatte, wurde mit Anfang Juli samt Frau und Tochter in fürstlich-esterházysche Dienste übernommen. Neben den sängerischen Qualitäten von Rosa Ruvinetti-Bon und der zu Petersburg geborenen und am venezianischen Ospedale della Pietà geschulten Instrumental- und Kompositionskunst Anna (Lucia) Bons, dürfte nicht zuletzt auch die von 1756 bis 1761 währende Lehrtätigkeit des Familienvaters an der Akademie der Schönen Künste in Bayreuth hierfür ausschlaggebend gewesen sein. Zu des letzeren Arbeiten im Bereich des Szenischen wie Dekorativen gesellten sich alsbald auch solche der Theaterdichtung, etwa bei der (vermuteten) Einrichtung der Libretti für Haydns frühe italienische Opern La canterina, Lo speziale, Le pescatrici und L'infedeltà delusa oder den Huldigungskantaten der Jahre 1763 bis 1767 für Nikolaus I. und dessen Sohn Anton.

Zu einer weiteren, durch Irmgard Becker-Glauch in einer lateinischen Motette wiederentdeckten Kantate1 scheint die aus 1762 stammende Sinfonie C-Dur Hob. I:9 in einem besonderen Verhältnis zu stehen: Ihr könnte das dreisätzige Werk einst – in veränderter Instrumentation – als Orchestervorspiel gedient haben. Somit würden sich auch die eigenartigen Korrekturen im Bereich der Besetzungsangaben erklären, denen zufolge die Komposition ursprünglich mit Pauken, Clarintrompeten und/oder Hörnern und Streichen, aber ohne Oboen (!) erklungen war. Im Autograph, das erst im Jahr 2000 wieder an die Öffentlichkeit geriet und von der Paul Sacher Stiftung in Basel aufbewahrt wird, wurde diese Besetzung schließlich zu Oboen, Hörnern und Streichern geändert.2

Ob nun die C-Dur-Sinfonie einst als Kantaten- bzw. Komödienvorspiel oder vielmehr für die fürstliche Kammer gedacht war – dem Charakter und dramaturgischen Aufbau entsprechend vermag sie sich gut in die Stimmung und Zeit der Majoratsübernahme durch Nikolaus I. Esterházy einzupassen: Ein Allegro molto, das „auf stark profilierte Themen zugunsten von Hammerschlägen aus drei Akkorden, Bläserfanfaren, ununterbrochener Geschäftigkeit und rhythmischen Überraschungen [verzichtet]“ (James Webster), ein pastoral angehauchtes Andante, sowie ein Allegretto-Menuett mit walzerartig nachschlagender Streicher-Begleitung zur melodieseligen Solo-Oboe im ersten und feldmusikalischer Quintett-Einlage im zweiten Trio-Abschnitt.

Bei der Motette handelt es sich um das Werk „Quis stellae radius“, Hob. XXIIIa:4. Vgl. Irmgard Becker-Glauch: „Neue Forschungen zu Haydns Kirchenmusik“, in: Haydn-Studien Band II, Heft 3 (Mai 1970), S. 167 – 241, insbes. S. 177 – 183.
Vgl. Sonja Gerlach: „Das Autograph von Haydns Sinfonie Hob. I:9 aus dem Jahr 1762“ in: Haydn-Studien, Band VIII, Heft 3 (September 2003), S. 217– 236.

Sinfonie Nr. 9
VOL. 7 _GLI IMPRESARI

Giovanni Antonini, Kammerorchester Basel

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Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791): Thamos, König in Egypten KV 345/336a

Maestoso – Allegro / Andante / Allegro – Allegretto (Melodram) / Allegro vivace assai / ohne Tempobezeichnung

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W .A. MOZART: MUSIK ZU THAMOS, KÖNIG IN EGYPTEN KV 345/336a (Salzburg, 1775/76)

Nr. 2-5 & 7a  (Salzburg, 1775/76)

Maestoso – Allegro / Andante / Allegro – Allegretto (Melodram) / Allegro vivace assai / ohne Tempobezeichnung
(Pherons Verzweiflung, Gotteslästerung und Tod)

 

[Impresario: Carl Wahr]

Um die Jahreswende 1775/76 – zu etwa jener Zeit also als Haydn sich mit der Umwidmung seiner Musik zur Jagdlust Heinrich des Vierten in eine Konzertsinfonie beschäftigte, feierte sein Kollege Carl Wahr am Salzburger Theater im Ballhaus Erfolge. So wurde am 3. Januar 1776 daselbst und mit musikalischer Unterstützung der unter der Leitung von Michael Haydn, Josephs jüngerem Bruder stehenden fürsterzbischöflichen Hofkapelle, das heroische Drama Thamos, König von Egypten aus der Feder des Tobias Freiherr von Gebler gegeben. Die Musik zum Drama sollte – was seinerzeit mitnichten üblich war – im Theaterwochenblatt für Salzburg Erwähnung finden, wenngleich nur mit der abschätzigen Bemerkung, dass der „Compositeur der Chöre […] den fünften Akt durch die Wiederholungen zu sehr verlängert“ habe. Jener Compositeur – so ist sich die Musikforschung mittlerweile sicher – dürfte allerdings kein geringerer als Wolfgang Amadeus Mozart gewesen sein, der schon in zeitlicher Nähe seines Wiener Aufenthalts von Juli – September 1773 und zwar im direkten Auftrag des Dichters eine Frühfassung der angesprochenen Chöre geschrieben hatte. Dass zusätzlich zu diesen in die Bühnenhandlung integrierten Vokalnummern auch vier Zwischenakte samt Melodram und einer musikalischen Höllenfahrt „à la Don Juan“ erklungen, ja sogar eigens für die besagte, am (katholischen) Festtag des Namensgebung Jesu veranstaltete Aufführung komponiert worden waren, ergab der Befund div. Untersuchungen im Bereich der Schriftchronologie und Wasserzeichen des Mozart'schen Autographs genauso, wie dass dessen mögliche Entstehung auf ein Zeitfenster von ca. April 1775 bis Juli 1776 eingeschränkt werden könne.1

Die Geschichte spielt im alten Ägypten. Ramasses hat König Menes von Thron gestossen, der seitdem nicht mehr gesehen und folglich für tod erklärt wurde. Tatsächlich hat er sich – als Oberpriester Sethos getarnt – in die schützenden Mauern des Sonnentempels zurückgezogen. Hier dient, ohne dass er davon weiß auch Tharsis, seine Tochter und Erbin, unter dem ihr verliehenen Namen Sais. Sie liebt im Geheimen Thamos, den Sohn des Ramasses, der nach dem Tod seines Vaters den Thron besteigen soll.

Die eigentliche Handlung beginnt sich zu entfalten. Der verräterische Pheron, den Thamos fatalerweise für einen seiner engsten Freunde und Berater hält, schickt sich an die bevorstehende Thronbesteigung zu seinen Gunsten zu beeinflussen (Maestoso – Allegro). Die Synkopen, welche die musikalische Textur dominieren, unterstreichen die beständig steigende Dramatik. Der zweite Akt schließt mit einer Musik (Andante), die – so die stichwortartige Kennzeichnung der autographen Partitur durch Leopold Mozart – den falschen Charakter Pherons dem von Grund auf ehrlichen des Thamos mit solistischer Oboe zu in Terzen geführter Antwort des Fagott-Paares gegenüber stellt.

Pheron stiftet eine Verschwörung gegen Thamos an. Mithilfe seiner Komplizin Mirza, oberste der Sonnenjungfrauen, sucht er Tharsis Zuneigung zu gewinnen um durch eine eheliche Verbindung selbst auf den Thron zu gelangen. Jegliches Mittel – einschließlich der Lüge, dass Thamos in Wirklichkeit eine gewisse Myris liebe und (schlimmer noch) Pheron dazu auserkoren habe, sich mit Sais zu vermählen. Sie indes, sich gegen die vermeintliche Bestimmung zur Heirat mit Pheron wehrend, beschließt – zu den dramatisch gesteigerten Mitteln des Melodrams greifend – sich den Göttern zur Sonnenpriesterin zu weihen (Allegro – Allegretto).

Nachdem Pheron erkennt, dass sein Plan zum Scheitern verurteilt ist, versucht er den Thron mit Waffengewalt zu erobern. Thamos wiederum wird gewahr, dass er und Sais / Tharsis einem Betrug anheim gefallen sind. Der vierte Akt schließt in einer Situation der „allgemeinen Verwirrung“ (Allegro vivace assai).

Der Moment ist gekommen, da Menes, der alte König, sich zu erkennen gibt und die Verhaftung des Pheron befehlen lässt. Um ihre letzte Aussicht auf Erfolg gebracht erdolcht sich Mirza, während Pheron, nachdem er die Götter verflucht vom Blitz getroffen wird („Pherons Verzweiflung, Gotteslästerung und Tod“, ohne Tempobezeichnung). Sethos eint Tharsis, deren Gelübde keine Gültigkeit hat, da es ohne die Zustimmung ihres Vaters abgelegt wurde, mit Thamos und erklärt die beiden zu rechtmäßigen, sofortigen Erben seines verlorenen Throns.

Vgl. u. a.: Alfred Orel, „Mozarts Beitrag zum deutschen Sprechtheater: die Musik zu Geblers Thamos“, in: Acta Mozartiana, Bd. 4 (1957), S. 43-53, 74-81. Harald Heckmann: Wolfgang Amadeus Mozart. Neue Ausgabe sämtlicher Werke. Serie II, Werkgruppe 6, Band 1: Chöre und Zwischenaktmusiken zu Thamos, König in Ägypten. Krtitischer Bericht. Kassel und Basel, 1958, S. 4-7. Alan Tyson: Wasserzeichen-Katalog. Kassel und Basel, 1992 (= W. A. Mozart. Neue Ausgabe sämtlicher Werke. Serie X, Werkgruppe 33, Abt. 2), Teilband 1, S. 

W. A. Mozart: Musik zu Thamos, König in Egypten KV 345/336a
VOL. 7 _GLI IMPRESARI

Giovanni Antonini, Kammerorchester Basel

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Joseph Haydn (17532–1809): Sinfonie Nr. 67 in F-Dur, Hob. I:67 (1774/75)

Presto / Adagio / Menuet – Trio / Finale. Allegro di molto – Adagio e cantabile – Allegro di molto

67

SINFONIE NR. 67 F-DUR HOB. I:67 (1775/1776)

Besetzung: 2 Ob, 2 Fg, 2 Hr, Str (mit Solo-Str)
Entstehungsjahr: bis 10.11.1779 [1775/1776]

= Musik zur Komödie «Die Jagdlust Heinrich des Vierten» (Eszterháza, Juni/Juli 1772?)

Presto / Adagio / Menuet – Trio / Finale. Allegro di molto – Adagio e cantabile – Allegro di molto

 

[Impresario: Carl Wahr]

Einen Höhepunkt des ,spartenübergreifendenʻ Zusammenwirkens der von auswärts engagierten Gesellschaften mit der von Nikolaus I. Esterházy installierten Hofmusik unter Joseph Haydn, scheinen die Jahre ab 1772 gebildet zu haben, in denen sich Carl Wahr (1745-1811) für das sommerliche Theaterprogramm verantwortlich zeichnete.1 In eben jene Zeit fällt nicht nur die Entstehung und frühe Aufführungsgeschichte der Musik zu Der Zerstreute (eigentlich: Le distrait), einer ins Deutsche übersetzten Komödie von Jean-François Regnard (1697), die bereits im Mittelpunkt eines Haydn2032-Projekts (No. 4 IL DISTRATTO) stand, sondern – und das bereits innerhalb der ersten Monate nach Spielbeginn der Wahr'schen Truppe – auch ein Festereignis aus Anlass des Besuchs des französischen Botschafters Louis René Edouard de Rohan-Guéméné, über das György Bessenyei, zugleich Grenadier und auf Ungarisch dichtender Hofchronist mit folgenden Zeilen begann:

„Also kommt Prinz Rohan in das Schlossgebäude, in ein großes Zimmer führt ihn sein Geleite.
Eine Schauspielbühne war hierorts errichtet, wo auf zartes Fühlen ward das Herz gerichtet.
Heinrich den Vierten zeigte man, beim Jagen, den Franzosenkönig, Rohan zum Behagen.“


Diese Verse belegen, dass es sich bei dem Stück, welches von Carl Wahr und seinem zwölfköpfigen Ensemble – darunter Sophie Körner, seine ständige Bühnenpartnerin – ausnahmsweise nicht im separaten Theatergebäude, sondern in der Sala Terrena oder in dem im ersten Obergeschoß befindlichen Prunksaal gegeben wurde, um „Die Jagdlust Heinrich des Vierten“, die von Christian Friedrich Schwan gefertigte Übersetzung von La Partie de Chasse de Henri IV, eine Charakter- und Sittenkomödie des Franzosen Charles Collé handelte. Sie erzählt von einem Monarchen und einer Nation, die einen der gewaltsamsten religiösen wie machtpolitischen Konflikte der Geschichte Mitteleuropas – die Hugenottenkriege – soeben erst hinter sich gelassen hatten:

Heinrich IV., König von Frankreich, ist der Intrigen, die sich am Hof von Fontainebleau um seinen Minister, den Herzog von Sully gesponnen haben, müde geworden und fordert Freund wie Feind auf, sich zur gegenseitigen Aussöhnung an einer Hirschjagd zu beteiligen. Durch die Schlauheit des Wildes, den Aufzug eines Unwetters und den Einbruch der Dunkelheit verirrt und verliert sich die Jagdgesellschaft untereinander, wird von den Bewohnern des nahegelegenen Dorfes Lieursains erspäht und gerettet. Heinrich gerät in die Obhut des Müllers Michau, dem und dessen Familie gegenüber er seine Identität verbirgt, um sich von ihrer Königstreue zu überzeugen aber auch um wieder einmal seines zur Großherzigkeit wie Libertinage neigenden Wesens nachgehen zu können. Als er von der Entführung Agathens, der Verlobten des Müllersohns Richard durch den Marquis von Conchiny und zugleich ärgsten Widersacher des Herzogs von Sully erfährt, bestraft er diesen und beschließt darauf die für den morgigen Tag befohlene Doppelhochzeit von Agathe und Richard sowie dessen Schwester Catau und Lucas, einem armen jungen Bauern, mit einer Gabe von jeweils 10.000 Gulden zu bereichern und überdies beiden Paaren als Trauzeuge beizustehen.

Besagter Festaufführung im Spätsommer 1772 sollten freilich weitere Vorstellungen der Jagdlust folgen, von denen allein in Press- und Salzburg, wo die Wahr'sche Gesellschaft in den Jahren 1773/74, 1774/75 und 1775/76 in Winterquartier aufschlugen, je eine pro Spielzeit gegeben wurde. Zudem dürfte das Erfolgsstück wenigstens einmal zwischen Mai und Oktober der Jahre 1773 – 1776 aufgeführt worden sein. (Im Sommer 1777 wurde das Engagement Carl Wahrs und seiner Theatertruppe vorzeitig beendet, nachdem diese durch ein nicht näher bekanntes schwerwiegendes Vergehen zweier Mitglieder bei Fürst Nikolaus I. Esterházy in Ungnade gefallen war ...)

Über die Musik zu den genannten Darbietungen schweigen sie, die Berichterstatter der Preßburger Zeitung wie auch des Theaterwochenblatts für Salzburg. Und doch lassen sich zwischen einer vom Autor dieser Werkeinführung unter den Haydn'schen Sinfonien der 1770er Jahre wiederentdeckten, mehrsätzigen Schauspielmusik und der Collé'schen Komödie Bezüge erkennen – Bezüge mannigfaltiger Natur, welche vonseiten der TheaterbesucherInnen wahrgenommen, entschlüsselt und mittels der Imagination eines/r jeden in neue, die Bühnenhandlung interpretierende, vorwegnehmende oder gar weitererzählende Inhalte übersetzt werden wollen.
Dass dieser Prozess den Zeitgenossen Haydns freilich um einiges leichter gefallen sein dürfte, als einem, (sei es auch noch so gebildeten) Publikum unserer Tage, hängt nicht zuletzt mit der jeweiligen Hörerfahrung zusammen, die sich im Laufe der Geschichte durch sozio-kulturelle wie technische Entwicklungen in einer Weise verändert hat, dass wir manch „Zeichen der Vergangenheit“ erst wieder erlernen bzw. neu vermitteln müssen, um die Musik von einst und ihr Vermögen Außermusikalisches zu kommunizieren zu verstehen bzw. erfahrbar zu gestalten.

Aus jener gedanklichen Position vermag das eröffnende Presto, welches bislang „nur“ als Kopfsatz der um 1775/76 datierten Sinfonie Nr. 67 in F-Dur galt, durch seinen wiedergefunden theatralischen Kontext als eine das gesamte folgende Bühnengeschehen überblickende Ouvertüre erscheinen. Nehmen wir etwa das eigentümlicherweise im Pianissimo der Primgeigen eingeführte Jagdmotiv, welches eine wohl ganz bewusst verfremdete Abwandlung des Flügelhorn-Signals „Retraite de Soir“ (zu dt.: „Zapfenstreich“) darstellt und auf den späteren Höhepunkt der Handlung, die Bewirtung des vergeblich um sein Nichterkanntwerden bemühten Königs durch die Familie des Müllers Michau abzielen dürfte, oder den vorübergehende Trübung der stürmischen Aufbruchstimmung durch eine von tragischen Untertönen geprägte Mollpassage. Auch der abendliche, vom Bordun der vereinten Hörner unterlegte Gesang der ,einfachen Leuteʻ gibt zu Beginn der zweiten Satzhälfte schon eine Kostprobe von sich.

Im Adagio – welches der Musik zum zweiten Akt entspräche – liefern sich kurze rhythmisch prägnante Motive, die (zusammen erfasst) ein von Achtel- und Sechszehntelpausen durchsetztes melodisches Geflecht ergeben, ein imaginäres Such- und Verfolgungsspiel, wie es die Protagonisten des Theaterstücks mehr oder weniger freiwillig mitmachen, nachdem sich die königliche Jagdgesellschaft im Walde verirrt hat und nun bei stetig zunehmender Finsternis versucht, sich im immer dichter erscheinenden Unterholz gegenseitig wiederzufinden. Wie klingt das in der Musik? Es raschelt und knackt, eben so wie wenn gedämpfte Darmsaiten mit dem Holz der Streichbögen traktiert werden – und das natürlich staccato und im Pianissimo! Der König, der statt der befürchteten Wilderer vom rechtschaffenen Dorfmüller aufgestöbert und sich in dessen guter Stube – natürlich vollkommen inkognito – von (Apfel)wein, (des Müllers) Weib (und Tochter) und natürlich Gesang verwöhnen lässt – dies köstliche Schauspiel von zwei aufeinanderprallenden Welten, welches nicht weniger als zwölf von insgesamt vierzehn Szenen des dritten und letzten Aufzugs der Collé'schen Komödie für sich beansprucht, findet im Menuett-Satz sein kompositorisches Pendant. Die hier verwendeten Zutaten lauten: Eine Solistin aus den Reihen der zweiten Geigen, die vor Beginn ihre g-Saite nach f verstimmt, ein achtaktiger gefolgt von einem sechs- plus achtaktigtem Wiederholungsteil, wie er höfischer nicht klingen könnte sowie ein „Trio“ aus zwei Soloviolinen, die erste eine volkstümliche Melodie auf einer Saite mit gehörig viel Schleiftönen vortragend, die andere dazu einen zweistimmigen Brummbaß ausführend.

Dass die scheinbar plötzliche Wiedererkennung ihres „guten Königs“ in Wahrheit einem geschickt gehegten Plan der Müllersfamilie folgte, nämlich die zukünftige Schwiegertochter Agathe aus den Fängen des bösen Hofschranzen Conchiny zu befreien wird erst ganz zum Schluss offenbar. Dies, (wie mancherlei mehr) lässt vermuten, dass die Musik des abschließenden Allegro di molto von den in den letzten Zeilen des Dramentextes angekündigten Hochzeitsfeierlichkeiten berichtet. Und weil es um eine Doppelhochzeit geht, nämlich diejenige der sich zuvor selbst befreiten Agathe mit ihrem Müllerssohn Richard und dessen schlaue Schwester Catau mit ihrem armen Jungbauern Lucas und Heinrich IV. sich zu der beiden Paare Trauzeuge und finanziellem Wohltäter erklärt, gibt es noch einen eingeschobenen Adagio e cantabile-Mittelteil mit solistisch geführten Abschnitten für zwei Violinen und Cello bzw. zwei Oboen und Fagott sowie obendrein drei „Hochrufe“ des Orchestertuttis.

Als Haydn den Beginn des Oboen und Fagott-Trios nur wenige Monate nach der (noch als hypothetisch zu bezeichnenden) Erstaufführung seiner Jagdlust-Musik im Kyrie der Missa Sancti Nicolai Hob. XXII:6, komponiert zum Namenstag des Fürsten Esterházy am 6. Dezember 1772 wieder verwenden sollte, durfte dies als Akt einer besonderen Ehrerbietung verstanden werden: Ein musikalischer Vergleich von Nikolaus I. Esterházy von Galántha mit Heinrich IV., König von Frankreich und Navarra, dem Großvater des Sonnenkönigs Ludwig XIV.

1 Vgl. James Webster, Hob.I:67 Symphonie in F-Dur: http://www.haydn107.com/index.php?id=2&sym=67&lng=1 (Abruf: 10. September 2017).

Sinfonie Nr. 67
VOL. 7 _GLI IMPRESARI

Giovanni Antonini, Kammerorchester Basel

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Joseph Haydn (1732–1809): Sinfonie Nr. 65 in A-Dur, Hob. I:65

Vivace con spirito / Andante / Menuet – Trio / Finale. Presto

65

SINFONIE NR. 65 A-DUR HOB. I:65 (1769)

Besetzung: 2 Ob, 2 Hr, Str
Entstehungsjahr: bis 1778 [1769]

Musik zu Der Postzug oder die edlen Passionen, Lustspiel von Cornelius von Ayrenhoff 

 

Vivace con spirito / Andante / Menuet – Trio / Finale. Presto

 

[Impresari: Joseph Hellmann & Friedrich Koberwein]

So schnell ändern sich die Zeiten! Im Oktober 2017 ging sie noch als «Musik zu einem unbekannten Schauspiel» über das Konzertpodium von Haydn2032, die Sinfonie in A-Dur Hob. I:65. Als eine der Hauptverdächtigen unter den Orchesterwerken Joseph Haydns, deren Ursprung im Bereich der musikalischen Umrahmung gesprochener Theaterproduktionen vermutet wurde, stand sie im Konzertprogramm von No. 9 __GLI IMPRESARI an vorderster Stelle. Dann aber, nur wenige Woche nach der finalen Haydn-Nacht zu Rom, lag er auf einmal vor den Augen des Autors dieser Zeilen: der entscheidende Hinweis über das Woher und Warum all jener kompositorischen Eigenartigkeiten, die dem Werk wie ein «Hauch von Theaterschminke»1 anzuhaften scheinen: ein Tagebucheintrag des Karl Johann Christian von Zinzendorf.

Den Grafen, dessen Aufzeichnungen «reiche Einblicke in das Netzwerk der europäischen Eliten und Mentalitäten, in die Welt der Bücher, der Theater und Opernhäuser [bieten]»,2 hatten seine Reisen am 28. Mai des Jahres 1772 ins Zentrum des «Esterházyschen Feenreichs» geführt, wo ihn ein Besuchsprogramm bestehend aus einem Festempfang mit anschließendem Konzert unter der Leitung des die Violine spielenden Joseph Haydn und einer Park- mit anschließender Schlossbesichtigung erwartete. Den Ausklang jener Lustbarkeiten sollte eine Aufführung im fürstlichen «Salle des Spectacles» bilden, bei der man einen gewissen Postzug zum besten gab. Der Autor dieses Stücks war Cornelius Hermann von Ayrenhoff (1733–1819), ein Offizier der k. u. k. Armee, der – seiner Passion für die Schaubühne folgend – zu einem der erfolgreichsten Theaterschriftsteller im Wien des späten 18. Jahrhunderts avancieren sollte.3 Infolge seiner Uraufführung, die am 30. September 1769 im Wiener Kärntnertortheater stattgefunden hatte, durfte sich Der Postzug oder die noblen Passionen bald zahlreicher Bühnen erfreuen, die ihn in ihr Repertoire aufnehmen sollten, darunter also auch diejenige der Fürsten Esterházy.

Um zu verstehen, was an des Postzugs satirischem, sich auf die Konversation eines typisierten landadeligen Personals konzentrierenden Tonfall so sehr gefiel, dass er ein gutes Jahrzehnt später und dazu von keinem Geringeren als Friedrich dem Großen, zur einzig «echten Komödie» des deutschen Theaters deklariert wurde,4 ja seinen Verfasser uns heute als Wegbereiter der Nestroy'schen Posse erscheinen lassen,5 sie hier in aller Kürze (und mit den Worten des Ayrenhoff-Forschers Matthias Mansky) der Inhalt jener Bühnenhandlung wiedergegeben, deren Name sich auf den seinerzeit üblichen Begriff für ein Gespann aus vier Kutschpferden bezieht:

Auf Schloss Forstheim soll die Verlobung der jungen Leonore mit dem Grafen Reitbahn gefeiert werden. Während der Baron von Forstheim seiner Jagdleidenschaft nachgeht, ist seine Gattin mit den Vorbereitungen beschäftigt. Vor allem aufgrund des angekündigten Besuchs des Grafen von Blumenkranz, eines Freundes des Bräutigams, der nach seiner Rückkunft aus Paris «in allen Orten von Galanterie den Ton angiebt», geht es im Haus drunter und drüber. Unterdessen bedauert die Braut, die in Wahrheit nicht Reitbahn, sondern den Major von Rheinberg liebt, ihr Schicksal. Doch schließlich kommt alles anders. Während der Major sich durch das Geschenk zweier Windhunde die Gunst Forstheims sichert, zeigt sich Reitbahn von dessen Postzug angetan. Da Rheinberg seine Schecken allerdings nicht verkaufen will, kommt es zu einem Tauschgeschäft: Für die Pferde verzichtet Reitbahn auf die Hochzeit mit Leonore. Nachdem Forstheim gerne in eine Verbindung seiner Tochter mit dem Major einwilligt, muss sich schließlich auch die zutiefst enttäuschte Baronin fügen.

Warum soll nun aber ausgerechnet unsere A-Dur-Sinfonie mit ungewöhnlich hoch gegriffener Hobokennummer in einem näheren Beziehungsverhältnis zu der hier gerade skizzierten Komödie des Cornelius von Ayrenhoff gestanden haben? Eine absolut berechtigte Frage, die sich auf zwei verschiedene Wege beantworten lässt – ein sich auf unser begrenztes Wissen um die Entstehung von Hob. I:65 und das zur gleichen Zeit auf Schloss Eszterháza dargebotene Theaterprogramm berufender sowie ein nach übergeordneten Erzählstrukturen bzw. sich an einer Deutung derselbigen (ver)suchender. Beginnen wir mit dem letzteren der beiden:

Nachdem man von einer dramengebundenen Schauspielmusik erwarten darf, dass sie sich ganz in den Dienst der ihr zugehörigen Theaterproduktion begebe, so stellt sich die Frage, ob anhand ausgewählter Textstellen gezeigt werden kann, wie die Musik Joseph Haydns sich ihr auf kommentierende, interpretierende, inhaltlich ergänzende oder gar weitererzählende Weise zur Seite stellt. Lassen wir es auf einen Versuch ankommen …

Zu Beginn des 2. Akts in Ayrenhoffs Postzug kommt es zu folgender Unterhaltung zwischen der Kammerjungfer Lisette und dem Verwalter der Familie Forstheim:6

LISETTE. [...] Aber sagen Sie mir, Herr Verwalter oder Interimshofmeister: wie geht es zu an der Tafel?
VERWALTER. Recht bunt, meine liebe Lisette. Unser Fräulein, scheint mir, hat sich nicht am besten nach dem Sinne der Frau Baronin aufgeführt.
LISETTE. Wie so?
VERWALTER. Sie sitzt zwischen dem Major und ihrem Bräutigam; und der Major hört wohl eher hundert Worte von ihr, als der Bräutigam eines.
LISETTE. O weh! und wie bezeigt sich dieser dabey?
VERWALTER. Zum Glücke hatte er nicht immer Zeit sich darum zu bekümmern: denn der Hauptmann, der ihm zur andern Seite sitzt, gab ihm von Zeit zu Zeit Stoff von Pferden zu reden: und da vergaß er seine Braut. Aber die Baronin schnitt zuweilen saure Gesichter.

Hier wird also von einer im Rahmen der Bühnenhandlung ausgesparten, komischen Szene berichtet, die sich gerade eben, d. h. also «zwischen den Akten» zugetragen hat. Und genau diese Situation ist es, welche die Musik des Andante aus Hob. I:65 auf eine geradezu pantomimische Weise auszudrücken versucht: Den Anfang macht eine kantable Einstiegsmelodie der ersten Violinen (das Fräulein Leonore?), die von einer militärischen Fanfare unterbrochen wird. Die Violinmelodie beginnt auftaktig auf a'' – einen Ton, den Haydn zunächst 22-, später sogar einmal 32-mal wiederholen lässt (Leonore erklärt ihrem Major Rheinberg, dem der vorherige punktierte Einwurf der Oboen und Hörner gegolten haben dürfte, in «hundert Worten» ihre Liebe). Kein Wunder, dass eine tiefliegende dreitaktige Unisono-Passage des Streichertuttis (die sauren Gesichter der Baronin?) dazu ihren Einspruch erhebt, während Graf Reitbahn, der Pferdenarr, ob seiner zeitgleich geführten Fachsimpelei mit Hauptmann Edelsee von all dem nichts mitbekommt (eselrufartige Schleifer der ersten Violinen).
In dieser Weise betrachtet wird aus einem Sinfoniesatz, der zuvor einer «zusammenhangslosen Aneinanderreihung von eigenartig gestalteten Motiven»7 glich, mit einem Mal eine veritable Zwischenaktmusik. Aber es kommt noch besser, denn nun erfährt Lisette, wie es mit dem Auftritt jener Musikanten vor sich ging, «die bey der letzten Kirchweihe in dem herrschaftlichen Wirthshause gespielt», und dabei «die schönsten Minuets» und «steyerischen Tänze»8 gemacht hatten:

LISETTE. […] die Kocherey war heute gewiß nicht übel.
VERWALTER. Sie wissen, daß ich wegen der stinkenden Stalljungen, die aufwarten mußten, vor dem Essen Rauch machen ließ?
LISETTE. Nu?
VERWALTER. Graf Blumenkranz kann keinen Weihrauch riechen. Mit einem eau de lavande Fläschgen an der Nase, versicherte er der Gesellschaft, daß er nie mehr als heute von der Stärke seines Naturels überzeugt worden sey, weil er bey allen dem abscheulichen Geruche nicht in Ohnmacht gefallen wäre.
LISETTE. O Himmel! und ist über diese Versicherung nicht die Baronin ohnmächtig worden?
VERWALTER. Ich weiß nicht, ob sie es recht verstand. Sie war eben mit einer Ordre beschäftigt, die sie der Musik zum Anfangen ertheilen ließ. Und diese Musik – es ist zum todlachen – mit der Helfte des ersten Menuets mußte sie aufhören.
LISETTE. Darum hörte ich nichts davon.

Ein Menuett, das durch allmähliche, von Trillern und forte-Akzenten gekennzeichnete Verschiebung seiner Taktschwerpunkte zu einem «Steyrischen» mutiert, um sich beim anschließenden Trio in einem Wechsel aus ornamentalem Ostinato und hemiolisch ansteigenden Sequenzen zu verlieren9 – bildhafter hätte sich die tragische Komik der eben beschriebenen Situation wohl nicht in Musik umsetzen lassen.
Nachdem wir es bei den Mittelsätzen der Sinfonie Nr. 65 also «erwiesenermaßen» mit einer zweigeteilten (bzw. zweisätzigen) «Musik zwischen Akten» zu tun haben könnten, bleibt noch die Frage, wie dann das eröffnende Vivace con spirito sowie das abschließende Presto auf den Postzug und seine in Wahrheit gar nicht so noblen Passionen zu beziehen wäre. Aus der formalen wie auch der charakterlichen Perspektive betrachtet erfüllen sie ihre jeweilige Funktion – nämlich diejenige der Ouvertüre bzw. der Schlussmusik – gewiss aufs beste. So lotet der Beginn des Kopfsatzes mit seinen lärmtötenden Tuttiakkorden, seinem Gegensatz aus «zierlicher Geigenmelodie» und «pathetischen Unisonotakten der tiefen Streicher»10 – wir erinnern uns an die motivische Vielfalt des vorhin besprochenen Andante – gleich einen der wesentlichen Konflikte der späteren Bühnenhandlung aus: eine junge adelige Dame vom Lande, die sich gegen die Heiratspläne ihrer karrieristisch gesinnten Mutter stellt.

Das letzte Wort im Postzug hat Baron Forstheim, glücklich beschenkt mit einem Paar ungarischer Windhunde durch seinen Schwiegersohn in spe:
Ha mein Schatz, es ist so recht gut geschehen. Morgen ist die Hochzeit. Unterrichte die Lenorl noch heut, was sie dabey zu beobachten hat. Lade mir alle Nachbarn dazu, Alle, nur den dummen Lembrand nicht! Er soll in seinem Leben keinen Bissen von meinem Wildpret essen! – Und Du Major, komm itzt mit mir auf den Anstand.

Und was hat ein Haydn dem auf musikalischer Ebene hinzuzufügen? Einen Finalsatz im 12/8-Takt der sich aus der (vor allem rhythmusbezogenen) Beschäftigung der Horn- und diversen anderen Orchesterstimmen mit einem französischen Jagd-Signal namens «Ton pour la quete» nährt! Wozu dieses seinerzeit geblasen wurde? Zum Ableinen der Hunde, die den Hirsch von seiner Ruhestätte aufscheuchen sollen!11

Da des zu Wien geborenen, neulich erst zum Major beförderten und schriftstellerisch begabten Offiziers Komödie anno 1769 das Kerzenlicht der Theaterwelt erblickte – im selben Jahr also, auf das die Haydn-Forschung auch Hob. I:65 zu datieren pflegt12 – sei zu guter Letzt noch ein Blick auf die damaligen Verhältnisse im esterházyschen Theaterwesen geworfen:

Die erste Schauspielgesellschaft, die Fürst Nikolaus nach Eszterháza verpflichtete bzw. verpflichten wollte, war diejenige des Simon Friedrich Koberwein, Sohn eines Wiener Weinhändlers, der seine Theaterlaufbahn 1753 in Linz (unter Anton Jakob Brenner) begonnen, sich in den frühen 1760er Jahren mit seinem Schwager Johann Joseph Felix von Kurz (genannt Bernardon) assoziiert und 1763 in München die Truppe von Franz Gerwald Wallerotti übernommen hatte. Um 1766 erwuchs ihm ein gewisser Franz Joseph Hellmann zum Kompagnon, mit dem zusammen er bereits in Brünn, Pressburg und einige Monate am «hochfürstlich esterházyschen Theater» gespielt hatte, als es am 31. Juli 1769 daselbst zum Abschluss eines Dreijahresvertrags gekommen war, der mit 1. Mai 1770 in Kraft treten sollte. Warum diese Vereinbarung, die u. a. festgelegt hatte, dass das Ensemble «mit wenigstens vierzehn convenablen gut erfahren agirenden Persohnen alltaglich […] eine Comedie aufzuführen und die erforderlichen Kleyder, wie auch Comedien selbsten anzuschaffen» habe, bereits nach wenigen Monaten wieder aufgelöst wurde, d. h. dass die beiden Prinzipale noch im Oktober des Jahres 1769 die Aufforderung erhielten, den Vertrag und die erlangte Spielerlaubnis an die fürstliche Kanzlei zurückzusenden, dürfte an einer Intrige der Catharina Rößl gelegen haben. Kurze Zeit zuvor nämlich hatte die «Rößlin» die Hellmann-Koberweinsche Compagnie verlassen, um gemeinsam mit ihrem Mann zur Gesellschaft des Franz Passer zu wechseln – eine durchaus pikante Angelegenheit, wenn man bedenkt, dass ihr eine Affäre mit dem esterházyschen Kanzleidirektor Kleinrath nachgesagt wurde. Wie dem auch sei: Das vorausgegangene erfolgreiche Spiel wie alle protestierenden Schriften von Hellmann und Koberwein waren vergebens: Im Frühjahr 1770 übernahm Passer den Theaterbetrieb auf Schloss Eszterháza.

Während sich in letzter Zeit einige Hinweise darauf verdichten, dass um die Mitte des Oktober 1769 ein bisher noch unbekanntes Hoffest auf Esterháza gefeiert wurde, das neben einer Aufführung der Oper La contadina in corte von Giacomo Rust, nebst Maskenbällen und einem Feuerwerk möglicherweise auch unseren Postzug auf dem Programm stehen hatte, so blieb die Suche nach entsprechenden musikalischen Quellen bisher leider erfolglos.
Ein aus den kunstvoll verschlungenen Buchstaben «FD» bestehendes Monogramm, welches das Titelblatt der Abschrift eines unbekannten österreichischen Kopisten ziert, die einst von der weithin berühmten polnischen Fürstin, Kunstmäzenin und regen Theaterbesucherin Elżbieta Izabela Lubomirska für ihre Musikaliensammlung auf Schloss Łańcut erworben wurde,13 könnte allerdings darauf hinweisen, dass sich jenes Exemplar einst im Besitz des Schauspielers Franz Diwald(t) befand. Dieser war Mitglied der Passer'schen Gesellschaft gewesen und sollte zwischen 1778 und 1785 als Impresario seiner eigenen Schauspieltruppe auf Eszterháza wirken.

Zit. nach H. C. Robbins Landon: «Haydn: Symphonien Nr. 50, 64 & 65», Textbeitrag zur gleichnamigen CD-Aufnahme mit dem Ensemble Tafelmusik unter Bruno Weil, Vivarte / Sony Classical 1994, S. 8.
2 Die Tagebücher des Karl Grafen Zinzendorf (1764–1790), in: Umgang mit Quellen heute: Zur Problematik neuzeitlicher Quelleneditionen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, hg. von Grete Klingenstein, Fritz Fellner, und Hans Peter Hye. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2003. Teil II Editionsprojekte, S. 263-266, hier S. 264.
3 Hierzu ausführlich bei Matthias Mansky: Cornelius von Ayrenhoff. Ein Wiener Theaterdichter, Hannover: Wehrhahn Verlag, 2013.
4 «Vom deutschen Theater will ich zu Ihnen nicht sprechen. Melpomene ist der Hof nur von grobschlächtigen Liebhabern gemacht wo.den, von denen die einen stocksteif auf Stelzen einherkommen, die anderen sich im Schmutz wälzen, und die alle miteinander, ihren Gesetzen unzugänglich, weder zu fesseln noch zu rühren wissen und ihrer Altäre verwiesen sind. Die Liebhaber Thalias sind glücklicher daran gewesen; sie haben uns zumindest eine echte Komödie geliefert; ich spreche vom Postzug. Was der Dichter auf der Bühne darstellt, sind unsere Sitten, ist das Lächerliche an uns; das Stück ist gut gemacht. Hätte Molière den gleichen Stoff behandelt, es wäre ihm nicht besser gelungen.» Zit. nach: Friedrich II. von Preußen, «Über die deutsche Literatur, die Mängel, die man ihr vorwerfen kann, welches ihre Ursachen sind und mit welchen Mitteln man sie beheben kann» , in: Ders., Schriften und Briefe. Aus dem Französischen.Übersetztung von Herbert Kühn, hg. von Ingrid Mittenzwei, Frankfurt am Main: Röderberg-Verlag, 1986, S. 364–397, hier S. 367.
Vgl. Michael Mansky, «Hätte Molière den gleichen Stoff behandelt, es wäre ihm nicht besser gelungen» (Friedrich II.) – Cornelius von Ayrenhoffs Komödien zwischen Lustspiel- und Possendramaturgie, in: Nestroyana, 27. Jahrgang 2007, Heft 1–2, S. 8–19, hier besonders S. 14-16 und 19.
6 [Cornelius von Ayrenhoff:] Der Postzug oder die noblen Passionen. Ein Lustspiel in zween Aufzügen. Aufgeführt auf dem k. k. privilegirten Theater. Zu finden beym Logenmeister. Wien, bey Joseph Kurtzböcken. N. Oe. Landschafts und Univerſitätsbuchdruckern. 1769. S. 49-53.
7 Christian Moritz-Bauer, «Gli Impresari» Programmhefttext zur Haydn-Nacht des Kammerorchester Basel im Rahmen der Reihe Haydn2032, Sonntag, 1. Oktober 2017, 19.00 Uhr, Martinskirche Basel, S. 13.
8 Der Postzug oder die noblen Passionen, 1769, S. 3.
9 Vgl. James Webster: Hob.I:65 Symphonie in A-Dur. Informationstext der Haydn-Festspiele Eisenstadt : http://www.haydn107.com/index.php?id=2&sym=65&lng=1 (Abruf: 14. Mai 2018).
10 Walter Lessing: Die Sinfonien von Joseph Haydn, dazu: sämtliche Messen. Eine Sendereihe im Südwestfunk Baden-Baden 1987-89, hg. vom Südwestfunk Baden-Baden in 3 Bänden. Bd .2, Baden-Baden 1989, S. 77.
11 Vgl. Jean de Serre de Rieux: Les dons des enfans de Latone: La musique et la chasse du Cerf. Poëmes dédiés au Roy. Paris 1734, S. 333 (und 289).
12 Vgl. Joseph Haydn: Sinfonien um 1766-1769 [Hob. I:26 (Lamentazione), 38, 41, 48 (Maria Theresia), 58, 59, 65], hg. von Andreas Friesenhagen und Christin Heitmann, München: G. Henle Verlag, 2008 (= Joseph Haydn Werke, hg. vom Joseph Haydn-Institut, Köln Reihe I, Bd. 5a), S. XI-XII.

Sinfonie Nr. 65
VOL. 7 _GLI IMPRESARI

Giovanni Antonini, Kammerorchester Basel

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Besetzung

Kammerorchester Basel

Giovanni Antonini, Leitung

  • Besetzungsliste Orchester

    1. Violine Yuki Kasai, Valentina Giusti, Elisabeth Kohler-Gomes, Eva Miribung, Tamás Vásárhelyi Irmgard Zavelberg
    2. Violine Barbara Bolliger, Anna Faber, Regula Keller, Regula Schaer, Mirjam Steymans-Brenner
    Viola Mariana Doughty, Bodo Friedrich, Anna Pfister, Katya Polin
    Cello Christoph Dangel, Georg Dettweiler, Hristo Kouzmanov
    Kontrabass Stefan Preyer, Daniel Szomor
    Flöte Isabelle Schnöller, Emiliano Rodolfi
    Oboe Emiliano Rodolfi, Thomas Meraner
    Fagott Carles Cristobal Ferran, Letizia Viola
    Horn Konstantin Timokhine, Mark Gebhart
    Trompete Christian Bruder, Jan Wollmann
    Pauken Alexander Wäber

Konzerte

Basel
Sonntag, 01.10.2017

Martinskirche Basel

Wien
Samstag, 07.10.2017

Musikverein Wien

Rom
Sonntag, 08.10.2017

Santa Cecilia, Rom

Biografien

Kammerorchester Basel
Orchester

Kammerorchester Basel

Orchester

Das Kammerorchester Basel ist fest in Basel verankert – mit den beiden Abonnements-Reihen im Stadtcasino Basel sowie in dem eigenen Proben- und Aufführungsort Don Bosco Basel. Weltweit und mit mehr als 60 Konzerten pro Saison ist das Kammerorchester Basel auf Tourneen unterwegs, an internationalen Festivals und in den wichtigsten europäischen Konzertsälen stets gerngesehener Gast.

2019 als erstes Orchester mit einem Schweizer Musikpreis geehrt, zeichnen das Kammerorchester Basel Exzellenz und Vielseitigkeit sowie Tiefgang und Durchhaltevermögen aus. Es taucht mit seinen Interpretationen tief in die jeweiligen thematischen und kompositorischen Welten ein: in der Vergangenheit mit dem «Basler Beethoven» oder mit Heinz Holliger und unserem «Schubert-Zyklus». Oder wie mit dem Langzeitprojekt Haydn2032, der Einspielung und Aufführung aller Sinfonien von Joseph Haydn bis ins Jahr 2032 unter der Leitung von Principal Guest Conductor Giovanni Antonini und gemeinsam mit dem Ensemble Il Giardino Armonico. Ab der laufenden Saison hat sich das Kammerorchester Basel vorgenommen, sich unter der Leitung des Alte-Musik-Spezialisten Philippe Herreweghe allen Sinfonien von Felix Mendelssohn Bartholdy zu widmen.

Mit ausgewählten Solistinnen und Solisten wie Maria João Pires, Jan Lisiecki, Isabelle Faust oder Christian Gerhaher arbeitet das Kammerorchester Basel immer wieder gerne zusammen. Unter der künstlerischen Leitung der KonzertmeisterInnen sowie unter der Stabführung ausgewählter Dirigenten wie u.a. Heinz Holliger, René Jacobs oder Pierre Bleuse präsentiert das Kammerorchester Basel sein breites Repertoire.

Die Konzertprogramme sind so vielfältig wie die 47 Musikerinnen und Musiker und reichen von Alter Musik auf historischen Instrumenten über historisch informierte Interpretationen bis hin zu zeitgenössischer Musik.

Ein Herzstück der Arbeit bildet die zukunftsweisende Vermittlungsarbeit bei partizipativen Grossprojekten im kreativen Austausch mit Kindern und Jugendlichen.
Eine umfangreiche, vielfach preisgekrönte Diskografie dokumentiert das künstlerische Schaffen des Kammerorchester Basel.

Seit 2019 ist die Clariant Foundation Presenting Sponsor des Kammerorchester Basel.

kammerorchesterbasel.ch

Giovanni Antonini
Dirigent

Giovanni Antonini

Dirigent

Der gebürtige Mailänder Giovanni Antonini studierte an der Civica Scuola di Musica und am Zentrum für alte Musik in Genf. Er ist Mitbegründer des Barockensembles Il Giardino Armonico, dessen Leitung er seit 1989 innehat. Mit dem Ensemble trat er als Dirigent und als Solist für Block-und Traversflöte in Europa, den Vereinigten Staaten, Kanada, Südamerika, Australien, Japan und Malaysia auf. Er ist künstlerischer Leiter des Wratislavia Cantans Festival in Polen und Erster Gastdirigent des Mozarteum Orchesters und des Kammerorchesters Basel.
Antonini hat bereits mit vielen namhaften Künstlern zusammengearbeitet, darunter Cecilia Bartoli, Isabelle Faust, Viktoria Mullova, Giuliano Carmignola, Giovanni Sollima, Sol Gabetta, Sumi Jo, Emmanuel Pahud, Katia und Marielle Labèque sowie Kristian Bezuidenhout.
Dank seiner erfolgreichen Arbeit ist Antonini gefragter Gastdirigent bei vielen führenden Orchestern. So gastiert er etwa regelmässig bei den Berliner Philharmonikern, dem Concertgebouworkest Amsterdam, dem Tonhalle-Orchester Zürich, dem Mozarteumorchester Salzburg, dem Leipziger Gewandhausorchester, dem London Symphony Orchestra, dem Chicago Symphony Orchestra und dem Kammerorchester Basel.
Zu seinen Opernproduktionen gehören Händels «Giulio Cesare» und Bellinis «Norma» mit Cecilia Bartoli bei den Salzburger Festspielen. Im Jahr 2018 dirigierte er «Orlando» am Theater an der Wien und kehrte für Idomeneo an das Opernhaus Zürich zurück. In der Saison 21/22 wird er als Gastdirigent das Konzerthausorchester Berlin, Stavanger Symphony, Anima Eterna Bruges und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks dirigieren. Außerdem wird er Cavalieris Oper «Rappresentatione di Anima, et di Corpo» für das Theater an der Wien und eine Ballettproduktion von Haydns «Die Jahreszeiten» für das Wiener Staatsballett mit den Wiener Philharmonikern dirigieren. 

Mit Il Giardino Armonico hat Giovanni zahlreiche CDs mit Instrumentalwerken von Vivaldi, J.S. Bach (Brandenburgische Konzerte), Biber und Locke für Teldec aufgenommen. Mit Naïve nahm er Vivaldis Oper «Ottone in Villa» auf, und mit Il Giardino Armonico für Decca spielte er «Alleluia» mit Julia Lezhneva und «La morte della Ragione» ein, Sammlungen von Instrumentalmusik des 16. und 17. Jahrhunderts. Mit dem Kammerorchester Basel hat er die gesamten Beethoven-Sinfonien für Sony Classical aufgenommen und mit Emmanuel Pahud für Warner Classics eine CD mit Flötenkonzerten unter dem Titel «Revolution». Im Jahr 2013 dirigierte er eine Aufnahme von Bellinis «Norma» für Decca in Zusammenarbeit mit dem Orchestra La Scintilla.

Antonini ist künstlerischer Leiter des Projekts Haydn 2032, mit dem die Vision verwirklicht werden soll, bis zum 300. Jahrestag der Geburt des Komponisten sämtliche Sinfonien von Joseph Haydn aufzunehmen und mit Il Giardino Armonico und dem Kammerorchester Basel aufzuführen. Die ersten 12 Editionen sind beim Label Alpha Classics erschienen, jährlich sind zwei weitere Editionen geplant.

Videos

Sinfonie Nr. 9
W. A. Mozart: Musik zu Thamos, König in Egypten KV 345/336a
Sinfonie Nr. 67
Sinfonie Nr. 65

Aufnahmen


VOL. 7 _GLI IMPRESARI

CD

Giovanni Antonini, Kammerorchester Basel
Sinfonien Nr. 9, Nr. 67, Nr. 65
W. A. Mozart: Thamos, König in Egypten


Erhältlich über:
Bider&Tanner, Basel
Outhere Music
Download / Stream


VOL. 7 _GLI IMPRESARI

Vinyl-Schallplatte mit Buch (mit Download-Code CD)

Giovanni Antonini, Kammerorchester Basel
Sinfonien Nr. 9, Nr. 67, Nr. 65
W. A. Mozart: Thamos, König in Egypten
Essay "Sein Fürst und Er" von Daniel Kehlmann


Erhältlich über:

Bider&Tanner, Basel
Outhere Music

Peter van Agtmael / Magnum Photos

Biografie

Peter van Agtmael
Fotograf, Magnum Photos

Peter van Agtmael

Fotograf, Magnum Photos

Peter van Agtmael ist 1981 in Washington DC geboren. Er studierte an der Yale University Geschichte.
Seine Arbeit konzentriert sich größtenteils auf Amerika und beschäftigt sich mit Fragen von Konflikten, Identität, Macht, Rasse und Klasse. Er arbeitete viel im Irak, in Afghanistan und Israel/Palästina
Er gewann den W. Eugene Smith Grant, den ICP Infinity Award für junge Fotografen, den Lumix Freelens Award, den Aaron Siskind Grant, einen Magnum Foundation Grant sowie zahlreiche Preise von World Press Photo, American Photography Annual, POYi, The Pulitzer Center, The Center for Documentary Studies der Duke University, FOAM und Photo District News.
Sein Buch „Disco Night Sept 11“ über Amerika im Krieg in der Zeit nach dem 11.9. wurde 2014 veröffentlicht. Das Buch kam in die engere Wahl für den Buchpreis „Paris Photo – Aperture Foundation PhotoBook Awards“ und wurde von The New York Times Magazine, Time Magazine, Mother Jones, Vogue, American Photo und Photo Eye zum „Buch des Jahres“ ernannt.

„Buzzing at the Sill“, ein Buch über Amerika im Schatten der Kriege, kam im Frühling 2017 heraus. Es wurde 2016 in der Vorabversion zu einem der „Photo Books of the Year“ von Times ernannt.
Peter van Agtmael ist Mitbegründer und Partner der Red Hook Editions, ein Verlag, dessen Sitz sich in Brooklyn befindet. Er ist Mentor im Arab Documentary Photography Program in Beirut.
Seit 2008 arbeitet er für die Fotoagentur Magnum Photos, bei der er 2013 Mitglied wurde. 

Papa musste ja immer Musik um sich haben. Das hatten sie ihm eingeredet, die Schöngeister und Schreiberlinge. Ein linder Sommerabend: Musik. Ein Bankett zu Mittag: Musik. Ein Fest: besonders viel Musik. Ein Feiertag: geistliche Musik. Jemandem wird ein Orden umgehängt: Musik. Hoher Besuch kommt: erst recht Musik. Nicht ganz so hoher Besuch: trotzdem Musik. In der Kirche gibt es ohnehin immer Musik, und draußen im Garten, wo man eigentlich Ruhe haben könnte, um dem Wind in den Bäumen zuzuhören und den zwitschernden Vögeln und dem plätschernden Bächlein, da gibt es Gartenmusik.

Und alle Musik fabriziert er.

Wie kann ein Einzelner so viel Geklimper und Gesinge erfinden? Irgendetwas ist doch nicht richtig mit so jemandem! Er schreibt sie, und er macht sie, er schlägt den Takt, er schlägt die Tasten, er fiedelt, er bläst das Horn. Seit achtundzwanzig Jahren ist er hier und kann alles! Nur Ruhe geben kann er nicht.

Ausschnitt aus dem Essay «Sein Fürst und Er» von Daniel Kehlmann


Der Essay «Sein Fürst und Er» von Daniel Kehlmann ist in der Schallplatten-Edition Vol. 7 erschienen.
 

Biografie

Daniel Kehlmann
Autor

Daniel Kehlmann

Autor

Daniel Kehlmann, 1975 in München geboren, wurde für sein Werk unter anderem mit dem Candide-Preis, dem WELT-Literaturpreis, dem Kleist-Preis und dem Thomas-Mann-Preis ausgezeichnet. Sein Roman "Die Vermessung der Welt" ist eines der erfolgreichsten deutschsprachigen Bücher der Gegenwart. Zurzeit unterrichtet er an der New York University.